PLANIK 80 – Grenzen und Übergänge

Editorial 

Überall begegnen sie uns. In der Stadtplanung, im Straßenverkehr, in öffentlichen Räumen, in Form von Regeln und Gesetzen, im Gespräch mit anderen, am eigenen Leib: Grenzen und Übergänge. Höchste Zeit, dass wir uns nicht nur über physische Grenzen und Übergänge Gedanken machen.

„Dessau – Wild at heart” auf Seite 8 zeigt, dass es vielfältige urbane Räume zu gestalten gibt. Der neuartige Ansatz die Zeichen von Schrumpfung wie Leerstand und Verfall mit Wildnis in der Stadt zu kombinieren, lässt in der Stadt die oft gedanklich existierenden Grenzen zwischen Stadt und Land(schaft) verschwinden und schafft fließende Übergänge. Hier steht nicht Koexistenz im Vordergrund, sondern langfristige Synergien zwischen gebauter Umwelt und Natur.

Als Beschwerde über den unzulänglichen Umgang mit städtebaulichen Grenzen und Zäsuren im Automobilproduktionsstandort Dingolfing kommt hingegen „Automobiler Aufmarschplatz“ auf Seite 10 daher. Nicht nur der Umgang mit Licht und Schatten, Stadtmobiliar oder Bestandsgrün wird kritisiert vor allem die Haltung der Stadt gegenüber dem Automobil löst Unbehagen aus.
Doch viele Grenzen existieren nicht (mehr) physisch-baulich, sondern werden mental oder sozial konstruiert. Eine davon ist die ehemalige innerdeutsche Grenze. „Die Mauer in den Köpfen – Identitätskonflikt oder Generationenfrage?“ (Seite 12) berichtet in einer Zeitzeugengeschichte über die persönliche Wahrnehmung der gedachten Grenze zwischen Ost und West und darüber wie uns das Internet dabei helfen kann, diese Grenze verschwinden zu lassen und den Übergang in ein mental geeintes Deutschland einzuläuten.

Klar, deutlich und manchmal notwendig sind hingegen rechtliche Grenzen. Die Stadt Wien hat 2018 ihre erste Alkoholverbotszone im öffentlichen Raum verhängt, eine Zweite ist bereits im Gespräch. In „Grenzen des Alkoholverbots“ (Seite 16) spazieren wir durch Wien und diskutieren mit Passant*innen über Sinn und Unsinn des Verbots und der Nutzungsbeschränkung von öffentlichem Raum.

Auch Infrastrukturen sind nicht grenzenlos verfügbar. Auf der Seite 20 kommentiert „Ist das Ehrenamt oder kann das weg?“ das deutsche System der sozialen Daseinsvorsorge. Darin verschwimmen die Verantwortlichkeiten für soziale Aufgaben immer mehr zwischen institutionellen, zivilgesellschaftlichen und privaten Akteuren. Ob die Grenzen der Leistungsfähigkeit von Ehrenämtern schon erreicht ist, scheint Ansichtssache zu sein.

Die Grenzen von Verhandlungen im Ausbau der Verkehrsinfrastruktur werden uns auf Seite 22 aufgezeigt: Die geplante Erweiterung der Straßenbahnlinie 21 in Berlin scheidet die Geister – äh Anwohner*innen: Wer braucht eine Tram, wenn sein Auto direkt vor der Tür parkt? „SUV-Fahrer*innen gegen den Rest der Welt“ lobt die Zukunftsfähigkeit öffentlicher Verkehrsmittel, während Parolen von Partikularinteressen logische Argumente in der Verkehrsdebatte in den Schatten stellen.

Viel Spaß beim Lesen wünscht euch die Planik-Redaktion!